Energie als grundlegender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Faktor

Die Leistungskraft einer Volkswirtschaft hängt in entscheidendem Maße von einer umweltgerechten, wirtschaftlichen und stabilen Energieversorgung ab. Deren Bedeutung nimmt in dem Maße zu, inwieweit der Industrialisierungsgrad sowie der Lebensstandard einer Nation fortgeschritten sind. Insbesondere in den hoch industrialisierten Staaten stellt die Versorgung der Volkswirtschaften mit Elektrizität, Wärme und Treibstoffen einen entscheidenden Schlüsselfaktor für Wirtschaftswachstum, allgemeinen Wohlstand und Lebensstandard dar. Mit einem Anteil von 91% am weltweiten Primärenergiebedarf nehmen die fossilen Energieträger Erdöl, Kohl und Erdgas eine Spitzenstellung ein (Stand: 1998). Hier herrscht jedoch eine ungleiche Verteilung, denn derzeit verbrauchen rund 25% der Weltbevölkerung 75% der  weltweit produzierten Energie (HARTMANN, 2004).

Dass die Höhe des Bruttosozialproduktes eines Landes eng mit dem Energieverbrauch korreliert, wies die UNO bereits 1985 nach. Demnach lag der pro Kopf Verbrauch in hoch industrialisierten Staaten mit hohem Bruttosozialprodukt wie z.B. den USA fast tausendmal höher als z.B. in Äthiopien (HARTMANN, 1992). 

Einen wichtigen Hinweis auf die soziale und gesellschaftliche Bedeutung der Energieversorgung liefert auch die Tatsache, dass die durchschnittliche Lebenserwartung eng mit dem spezifischen Energieverbrauch korreliert. 

So betrug die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern in Entwicklungsländern mit einem Energieverbrauch von weniger als 50 kg Steinkohleneinheiten (SKE) pro Kopf und Jahr teilweise nicht mehr als 35 Jahre (HARTMANN, 1992).

HARTMANN (1992) stellt in diesem Zusammenhang die These auf, dass „...eine mittlere Lebenserwartung von 70 Jahren und mehr ... nur in einem ökonomischen System garantiert werden kann mit:

  • einem hohen Grad der Industrialisierung

  • einem hohen BSP je Person und Jahr und

  • einer relativ guten Versorgung an Energie“

Der Energiehunger der Industrienationen macht deren Volkswirtschaften jedoch besonders anfällig gegenüber einer Verknappung der vorgenannten Energieträger.

Der Energiemarkt erlebt derzeit einen Umbruch nie gekannter Ausmaße. Die aktuelle Rohstoff- und Energieknappheit, hervorgerufen durch die unvermindert starke Nachfrage der Industrieländer und verstärkt durch die rasant wachsenden Volkswirtschaften asiatischer Schwellenländer, allen voran Chinas und Indiens, wirft erneut die Frage nach Alternativen auf. Besonders Erdöl, das mit 40% am weltweiten Primärenergiebedarf der wichtigste Energieträger ist, wird an den internationalen Märkten zunehmend knapper. 

So kletterte der Preis für ein Barrel Rohöl (159 Liter) bereits im August 2005 auf das vorher nie erreichte Rekordniveau von über 65 Dollar. Im Herbst des gleichen Jahres stiegen die Preise zeitweise sogar noch weit über diese Marke.


Globaler und nationaler Klimaschutz

Bereits in der Antike, aber auch im Mittelalter hat der Mensch große Mengen an Energie und Rohstoffen benötigt und dabei massiv in seine Umwelt eingegriffen. Die Rodung ganzer Wälder mit den einher gehenden Folgen der Bodenerosion und -verarmung, dem Ausbleiben von Süßwasserzufuhr und letztendlicher Verödung oder Desertifikation ganzer Landstriche war Folge erster zivilisatorischer Gehversuche des Menschen. Meist waren die Hüttenindustrie und etwas später der massive Flottenausbau für teilweise irreversible Umweltschäden verantwortlich. Interessanterweise hatte diese Ausbeutung natürlicher Ressourcen nicht nur massive Umweltschäden, sondern auch erste Rohstoffknappheiten und entsprechende Schutzmaßnahmen zur Folge. So wurde die Eibe (Taxus baccata) als unverzichtbares Bogenholz bereits im Mittelalter in England unter strengen Naturschutz gestellt.

Bedingt durch die große Holznot am Anfang des 19. Jahrhunderts in Deutschland, gründete sich die geregelte Forstwirtschaft und prägte kurz darauf erstmalig den Begriff der Nachhaltigkeit. Mit dem Beginn der industriellen Revolution war Holz, bedingt durch seine im Vergleich geringere Energiedichte und damals nur schwer kalkulierbaren Verfügbarkeit, nicht mehr der bevorzugte Energieträger. Es wurde vielmehr erst durch Kohle und später zusätzlich durch Erdöl und Erdgas ersetzt.

Durch Erschließung entsprechender Lagerstätten schien der Mensch unerschöpfliche und jederzeit verfügbare fossile Energiequellen erschlossen zu haben. Mit dem steigenden Verbrauch natürlicher Kohlenstoffsenken ging jedoch auch ein kontinuierlicher Anstieg der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre einher. Dabei nehmen neben den Verbrennungskraftwerken auch die Industrie, der Verkehr sowie Brandrodungen als Emittenten eine gewichtige Rolle ein (LUDOLPH, 2004).

So stieg der atmosphärische Gehalt an Kohlendioxid innerhalb von nur 200 Jahren von 0,28‰ (1790) um ein Viertel auf 0,35‰ (1990) an. Nimmt man die verstärkende Wirkung weiterer zusätzlich freigesetzter, klimarelevanter Spurengase wie Methan, Distickoxid oder Fluorchlorkohlenwasserstoffe hinzu, erreichte der äquivalente Kohlendioxidgehalt in der Erdatmosphäre bereits 1990 den Wert von 0,42‰ (FABIAN, 1992; HEINLOTH, 1995). Im Jahre 1993 waren 5,6 Milliarden Menschen für eine jährliche CO2-Emission von 22,3 Milliarden Tonnen verantwortlich (LUDOLPH, 2004).

Kohlendioxid ist aufgrund seiner Absorptionseigenschaften solarer Wärmestrahlung und als essentieller Bestandteil der pflanzlichen Photosynthese unverzichtbar für das Leben auf der Erde. Die bereits beschriebene, anthropogen verursachte Freisetzung des CO2 und anderer Spurengase durch Aufschluß fossiler Kohlenstoffsenken führt jedoch langfristig zu einer zusätzlichen Erwärmung der Erdatmosphäre, die weitreichende Folgen bis hin zum globalen Klimawandel haben kann. Da CO2 im Vergleich mit den weiteren Spurengasen zu über 50% für den Treibhauseffekt verantwortlich ist, kommt diesem Gas eine besondere Bedeutung zu. Es soll jedoch ergänzt werden, dass auch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (22%) und Methan (13%) eine wichtige Rolle sowohl beim natürlichen als auch anthropogenen Treibhauseffekt spielen (LUDOLPH, 2004).

Wenn auch mangels kurzfristiger Alternativen die energetische Nutzung fossiler Energieträger noch in naher Zukunft den weitaus größten Anteil am Gesamtenergieaufkommen ausmachen wird, ist die sofortige Entwicklung geeigneter Strategien zur Abwehr eines drohenden Klimawandels und der sich abzeichnenden Rohstoffknappheit in den Fokus der Weltöffentlichkeit gelangt.


Quellen

Diederich: „Energiepolitik“; Artikel zur Begriffserläuterung;  wikipedia.de; 2004

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